Was macht einen Arbeitseinsatz zu einem gelungenen Lernerlebnis? Wie begreifen Teilnehmende systemische Zusammenhänge im Tun? Welche Qualitäten hat das konkrete Arbeiten, die eine reine Bildungsveranstaltung nicht erbringen kann? Welche verschiedenen Kompetenzen werden durch unterschiedliche Veranstaltungen gefördert?
Diesen Fragen gingen die gut 70 Teilnehmenden an der Erfa-Tagung in der Region Biel/Seeland nach. Die Umweltbildner*innen, Praktiker*innen und Bildungsfachleute arbeiteten am Morgen selber praktisch – unter der Anleitung von Expert*innen der Bildungswerkstatt Bergwald und des Naturparks Chasseral – und analysierten am Nachmittag die Erfahrung und entwickelten weiterführende Ideen.
Lernen durch Handeln – praktische Arbeitseinsätze als Methode der NUB
Welches Potenzial haben praktische Arbeiten in der Natur als NUB Methode? Wie setzen wir sie am besten ein?
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An der Erfa-Tagung 2019 arbeiteten die Teilnehmenden selber an einem praktischen Einsatz in der Natur mit und analysietren ihn.
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Gemeinsam diskutierten wir die besten Methoden und geeignetsten Einsätze für die Lernenden und die Natur.
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Projektleitende, NUB-Akteure, Naturschützer*innen, Einsatzleitende und weitere Interessierte begegneten sich für einen anregenden Austausch und gegenseitiges Lernen und Unterstützen.
Aus den Ergebnissen stellte SILVIVA eine Sammlung von Hilfsmitteln für wirkungsvolle praktische Einsätze in der Natur zusammen. Damit möchten wir die Teilnehmenden und weitere interessierte Akteure der naturbezogenen Umweltbildung dazu animieren, eigene Projekte umzusetzen, zu erweitern oder Kooperationen mit Organisationen aus dem praktischen Naturschutz zu suchen.
Planung von Veranstaltungen
Bei der Planung eines Arbeitseinsatzes soll man sich als erstes die Frage nach der Wirkung stellen. Und zwar, welche Wirkungen möchten wir bei der Zielgruppe erreichen (der Bildungsaspekt) und welche Wirkungen möchten wir in der Natur sehen. Die Gewichtung der zwei Aspekte beeinflusst den Aufbau und die Gestaltung des Arbeitseinsatzes massgeblich.
Wirkungsorientiert planen
Als Hilfsmittel für die wirkungsorientierte Planung eines Umweltbildungsanlasses eignet sich die Arbeitshilfe „Umweltbildung mit Wirkung“ (erarbeitet an der ZHAW Life Sciences und Facility Management durch Sandra Wilhelm und Urs Müller).
Praktische Arbeitseinsätze als BNE
In der Regel werden bei einem praktischen Arbeitseinsatz in der Natur «fast automatisch» wichtige Kompetenzen der Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) trainiert.
Wenn mit dem Arbeitseinsatz spezifische BNE Ziele erreicht werden sollen, helfen bei der Planung die Aufstellungen von Education 21 zu den BNE Prinzipien und Kompetenzen.
NUB als zeitgemässe Bildung
Um zu sicherzustellen, dass die «Anforderungen an zeitgemässe Umweltbildungsangebote» erfüllt sind, kann das entsprechende Kapitel 2 des Hilfsmittels «Umweltbildung mit Qualität» von SILVIVA als Checkliste angewandt werden.
Bildungsarbeit ist Planung und Gestaltung
In der Bildungsarbeit gehören Planung und Gestaltung von Lehr-/Lernprozessen zu den grundlegenden Aufgaben von Kursleitenden, Leitungspersonen.
Die Auswahl der Inhalte im Hinblick auf eine bestimmte Zielgruppe, das Festlegen von Kompetenzen, Ressourcen, Unterrichtszielen sowie die methodische Gestaltung der Lehr-/Lernsituation innerhalb bestimmter Rahmenbedingungen erfordern eine Reihe von didaktischen Entscheidungen. Für diesen Entscheidungsprozess sind sowohl analytische Überlegungen als auch kreatives Denken nötig.
Das im Folgenden dargestellte Planungsmodell ist eine Möglichkeit, den Planungsvorgang zu gestalten und dabei die wichtigen didaktischen Aspekte einzubeziehen.
Quelle: Skript „Grundkurs 1: Veranstaltungen und Methoden in der NUB“; CAS Naturbezogene Umweltbildung
Durchführung
Während dem Arbeitseinsatz finden unweigerlich ganz viele Lernprozesse statt. Wie SILVIVA sich Lernen vorstellt ist im Bildungsverständnis und der Methodik von SILVIVA festgehalten. Das Modell soll helfen, die Lernprozesse besser zu verstehen, sie zu nutzen und ggf. zu steuern.
Ein paar praktische Tipps für die Durchführung
- Vor Arbeitsbeginn lohnt sich, ein Rundgang durch das Gebiet mit historischen und naturkundlichen Informationen zum Ort und zu den Arbeiten. Dieser Rundgang macht von Vorteil jemand, der das Gebiet gut kennt und spezifische Fragen beantworten kann.
- Dann geht es daran, die auszuführenden Arbeiten zu verteilen und ggf. den Umgang mit den Werkzeugen zu erklären. Jemand soll den Teilnehmenden zeigen, wie die Werkzeuge zu handhaben sind und welche Sicherheitsvorkehrungen beachtet werden müssen.
- Etwas Fingerspitzengefühl braucht es in der Regel, die Teilnehmenden in Gruppen aufzuteilen, und bei den Arbeiten einzusetzen, die ihren Fähigkeiten entsprechen. Ob die Einteilung gut ist, zeigt sich meistens erst nach einer gewissen Zeit. Älteren Teilnehmenden sollte – falls nötig – auf eine taktvolle Art und Weise leichtere Arbeit gegeben werden. Wenn möglich sollen Teilnehmende mit praktischer Erfahrung mit solchen ohne Erfahrung zusammenarbeiten.
- Je nach Zielen, Teilnehmenden und Arbeiten ist es passend, spielerische Aktivitäten zur Auflockerung, Erholung oder um Inhalte zu lernen einzubauen.
- Sei auch besorgt, dass mit den Arbeiten abgewechselt wird.
- Informiere alle, wo die Apotheke ist und was bei Unfällen zu tun ist.
- Auch praktische Arbeitseinsätze bestehen nicht nur aus Arbeit. Pausen sind sehr wichtig, denn die meisten Teilnehmenden sind es nicht gewohnt, harte körperliche Arbeit zu leisten. Ausserdem geschieht viel Lernen und Soziales zwischen den einzelnen Arbeitsphasen.
Ein paar beachtenswerte Punkte während der Durchführung
- Kontrolliere, dass die Werkzeuge richtig und effizient benutzt werden. Wenn nötig erkläre es mehrere Male. Zu diesem Punkt gehört auch darauf zu achten, dass die Teilnehmenden Lasten wie z.B. Steine richtig tragen (keine runden Rücken)!
- Schau, dass die Werkzeuge geordnet gelagert werden und nicht gefährlich herumliegen.
- Mache die Teilnehmenden darauf aufmerksam, dass sie untereinander genügend Abstand einhalten.
- Zirkuliere bei den Teilnehmenden. Frage wie es läuft, wie es ihnen geht und lobe sie.
- Achte darauf, dass sich niemand überanstrengt, nass ist oder kalt hat. Stoppe die Arbeit, wenn die Wetterverhältnisse unzumutbar werden.
Zum Ende des Einsatzes
- Plane Zeit und eine Methodik ein, um den Teilnehmenden den Austausch und ein Feedback zu ermöglichen.
- Verlasst den Arbeitsplatz in aufgeräumtem Zustand. Kontrolliere, ob alle Werkzeuge beieinander sind.
- Löscht allfällige Feuerstellen.
Auswertung
Qualität auch bei der Evaluation
Zur Auswertung des Arbeitseinsatzes bietet sich wieder das SILVIVA Hilfsmittel «Anforderungen an zeitgemässe Umweltbildungsangebote» an. Diesmal als Evaluationsformular.
Bei einer Co-Leitung eines Anlasses kann folgendes Formular verwendet werden für gegenseitiges Feedback zur Anlassleitung.
Ergebnisse der SILVIVA Erfa-Tagung „Praktische Einsätze als Methode NUB“ – 13.09.2019
Vormittag – Analyse eines praktischen Arbeitseinsatzes
Nachmittag – Skizzierte IOOI Modelle und Ideen für die Zukunft (Action Plans)
Ideensammlung für praktische Einsätze
Es gibt viele Möglichkeiten, selber Hand anzulegen, um konkret etwas für die Natur zu tun. Wem es an Ideen mangelt, findet ihr hier bestimmt Anregungen. Einige davon eignen sich gut, um in einem halben Tag abgeschlossen zu werden, andere sind eher langfristige Projekte über Monate.
Neue Lebensräume / Strukturen schaffen
Nisthilfen für Wildbienen, Nisthilfen für Hornissen, Nisthilfen für Ohrwürmer, Nistkästen für Fledermäuse, Nistkästen für Vögel, Reisig- / Laub- / Asthaufen / Altholzbeigen, Steinelesen / Steinhaufen, Trockenmauern, Tümpel / Weiher, Weidenstecklinge, Hecken, Hochstammobstbäume, Blumenwiesen, Greifvogelsitzstangen, Wandbegrünung, Patenschaften: sich längere Zeit um ein bestimmtes Biotop kümmern, Pflanzaktion
Rettungsmassnahmen
Amphibien-Ausstiegshilfe, Amphibienzaun / Amphibien über die Strasse tragen, Verkehrsschilder „Vorsicht Frösche auf der Fahrbahn“, ”Klärfrosch”
Inventare / «Citizen Science»
Spechthöhlen-Inventar / Aktion Spechtbaum, Ameisenhaufen: suchen, markieren, schützen, beobachten, Artenschutz allg.: Niststandorte, Laichplätze, Quartiere von Vögeln, Amphibien, Fledermäusen etc. kartieren, Bioindikation, Phänologie, Neobiota
Pflegeeinsätze
Heckenpflege, Kopfweidenpflege, Weiherpflege, Nistkastenputzen, Entbuschen, Heuen, Bekämpfung invasiver Neobiota, Putzaktionen / Bach- / Waldsäuberung, Mostobstlesen
Mitreden.
Austauschen.
Diskutieren.