
Melanie Glaettli ist seit August 2024 Verantwortliche Romandie für Draussenlernen.
Im Interview erzählt Melanie von sich, ihrem Werdegang und ihrer Vision fürs Draussenlernen.
Im Jahr 2011 hast du den CAS Naturbezogene Umweltbildung abgeschlossen. Was hat der Lehrgang in dir ausgelöst?

Ich komme nicht aus dem pädagogischen Bereich und habe im CAS eine Palette von Methoden und Ritualen für verschiedene Altersstufen kennengelernt – Werkzeuge, die ich nicht sofort angewandt habe, aber heute benutze! Meine Entdeckung: Die Arbeit mit meinen Sinnen hat mir geholfen, wieder eine Art ganzheitliche Beobachtungsfähigkeit zu entwickeln, wie Kinder sie haben. Als Erwachsene denken wir oft nicht mehr daran, aber es tut sehr gut, auf diese Weise eine Verbindung zur Natur aufzubauen.
Übrigens langweilte mich zu Beginn des CAS die Methode «mein Naturplatz» – ich war zu sehr im Rationalen verhaftet und es wurde mir bewusst, dass ich Schwierigkeiten hatte, ganz in der Gegenwart zu sein. Heute sollte ich mir wohl wieder einen persönlichen Naturplatz suchen.
Was bringst du mit und wie bist du zu SILVIVA gekommen?
Ich habe Biologie mit dem Schwerpunkt Ökologie und Evolution studiert. Meine Leidenschaft galt der Botanik und der Fortpflanzung von Pflanzen. Also habe ich mit einer Dissertation weitergemacht und dann mehrere Jahre in der Schweiz und international geforscht. Auf der Suche nach Stabilität arbeitete ich darauf 15 Jahre lang in der Unterstützung der klinischen Forschung und erforschte deren zahlreiche Facetten: Finanzierung, Nachwuchs, Ethik, Regulierung und Aufbau von Kooperationsnetzen zur Unterstützung der Forschungsärzte. Trotz dieser reichen Erfahrung war es immer noch mein Traum, der Umwelt näher zu kommen. Im vergangenen Sommer standen die Sterne günstig und so bin ich zu SILVIVA gekommen.
Was gefällt dir an deiner Arbeit bei SILVIVA am besten?
Das Team ist wohlwollend und die Arbeitsweise ist sehr anregend: Wir machen manchmal sogar noch im Zug Sitzungen! Die Vielfalt der Partner und der Inhalte ist eine echte Herausforderung, aber gerade das ist motivierend.
Wo siehst du das grösste Entwicklungpotential für das Draussenlernen?
Schulleitungen sind ein wichtiger Hebel, aber eine Schwierigkeit ist, dass es so viele Schulen gibt… Ich sehe einen Schwerpunkt in städtischen Gebieten, wo es die meisten Kinder gibt, die keine oder nur wenig Gelegenheit haben, «in der Natur zu baden». Man kann Draussenlernen in Parks umsetzen oder Schulgelände naturnah gestalten – und generell die städtischen Gebiete begrünen. Je mehr Schulklassen regelmässig draussen unterwegs sind, desto eher werden Stadtverwaltungen dazu veranlasst, diesen Bedarf mit öffentlichen Grünflächen zu decken, z. B. auf noch vorhandenen Brachflächen.
Auch bei der Etablierung von lokalen Netzwerken sehe ich grosses Potential: Es gibt nur wenige Orte, wo Lehrpersonen sich zusammengetan haben, um Ideen für ihren Unterricht draussen auszutauschen, so, dass alle etwas davon haben. Solche Netzwerke, die eine ganze Palette von «pfannenfertigen» Unterrichtsmaterialien bereitstellen, helfen denjenigen, die sich bisher noch nicht getraut haben, es selber auszuprobieren und davon zu profitieren.
Auf der Ebene der Weiterbildung gibt es ein relativ gut entwickeltes Angebot für Lehrpersonen, aber wir arbeiten daran, dass der Ansatz des Draussenlernens auch in der Grundausbildung vermittelt wird. Selbst wenn sich nur um einen kleinen Einblick handelt, kann das das Bewusstsein von Lehrpersonen schärfen und ihnen zeigen, dass es möglich und inspirierend ist, draussen zu unterrichten.

Ein weiterer wichtiger Hebel ist die Sensibilisierung von Eltern, Entscheidungsträgern im Bildungsbereich und einer breiten Öffentlichkeit. Dadurch können institutionelle oder kulturelle Hürden abgebaut werden. Auch Gemeinden können vermehrt einbezogen werden, um Projekte mit Schulen – v.a. auf der Sekundarstufe – zu entwicklen, die es Jugendlichen ermöglichen, gemeinsam als Bürger*innen von morgen zu handeln und Lösungen für ihre Gemeinschaft und ihr Lebensumfeld finden.
Merci und gute Arbeit bei SILVIVA!